Angst vor Untergang der Fahrgastschifffahrt

Die Flotte der deutschen Fahrgastschiffe, egal ob auf Rhein oder Bodensee, wird vermutlich per Gesetz halbiert. Ganze Familien würden dadurch um ihre Existenz gebracht, befürchten Mitglieder des Verbandes der Fahrgastschifffahrt.

Die aus Vertretern der Rheinanliegerstaaten zusammengesetzte Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) will das Kapitel 15 der Rheinschiffuntersuchungsordnung (RheinSchUO) ändern und schärfere Sicherheitsbestimmungen einführen. Mit der Gesetzesänderung sollen die Standards und Sicherheitsbestimmungen der Hochseeschifffahrt auf die auf dem Rhein verkehrenden Fahrgast- und Ausflugsschiffe übertragen werden - samt doppelten, bei einem Leck vor dem Untergang rettenden Sicherheitsschotts unter Deck. Und falls diese nicht einbaubar sind, ab 2010 Rettungsinseln für die Passagiere. Dass die Gesetze binnen weniger Jahre auch auf Neckar, Mosel, Donau oder auf dem Bodensee eingeführt werden, ist der Branche bereits klar. Die RheinSchUO hat Vorbildcharakter. Später sollen sie europaweit gelten.

"Mit der neuen Vorschrift werden ganze Familienexistenzen vernichtet", sagt aber Wolfgang Thie von der Neckar-Personenschifffahrt in Stuttgart-Bad Cannstatt mit vier Schiffen, die bis zu 400 Ausflügler und Pendler befördern. Verkaufen könne man die alten Schiffe nicht mehr, nicht mal mehr ins Ausland. In Deutschland würde dann von den knapp 960 Fahrgastschiffen in rund 500 Betrieben die Hälfte verschrottet werden und Arbeitsplätze verloren gehen. Das spüren bereits die Bodensee-Schiffsbetriebe in Konstanz: Derzeit plant das 15 Ausflugsdampfer zählende Unternehmen einen Neubau für rund vier Millionen Euro. Müsse dies den Zwei-Abteilungsstatus mit Doppelschott erfüllen und einen zweite Antrieb haben, rechnet der Leiter BSB-Produktion und Technik, Franz Dossinger, mit wenigstens 300  000 Euro Mehrkosten. Dossinger ist sicher, dass die Rhein-Gesetze auch am See gelten werden, da die Bodensee-Schifffahrtsordnung auf diese verweise. Die Rettungsinseln würden für die 15 Schiffe gut fünf Millionen Euro Investitionen bedeuten. Die BSB hat aber schon für jeden Passagier Rettungswesten an Bord.

(Schwäbische Zeitung v. 26.11.04)

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